Wat sull dat bedöe?

Aus dem Vortrag von Jutta Saum anlässlich der Ausstellung „Wat sull dat bedöe?“

 

Ausgangspunkt ist bei Ursula Helene Neubert die Naturerfahrung. Auf ausgedehnten Streifzügen sammelt sie schon seit einigen Jahren bunte Blüten, die sie am Wegrand aufliest und auf einem Armreif aus Kreppband aufklebt. In der Länge ausgebreitet präsentiert sie sie nun fein säuberlich verortet und datiert unter sterilem Plexiglas. So aus ihrem Kontext gerissen, fast wie Präparate einer botanischen Sammlung aufbereitet, fokussiert sich der Blick intensiver auf die Zartheit und Vielgestaltigkeit der Blütenblätter und deren Farbigkeit. Feiert sie hier die Schönheit der Natur, die wir sonst leicht übersehen, so findet ihre eigene Zwiespältigkeit darin Ausdruck, dass sie in einem ganz anderen Medium, nämlich in schriftlichen Tagebucheintragungen im Stil einer sachlichen Nachrichtenmeldung, an die Auswirkungen der schleichenden Umweltzerstörung durch den Menschen erinnert. Entwicklungstechnisch und kulturell haben wir uns längst von der Natur entfernt, obwohl menschliches Leben daraus hervorgegangen ist. Selbst Produkt dieses Systems zu sein und gleichzeitig Bewusstsein zu erlangen, macht es zwar möglich, die eigene Isoliertheit im Gefüge zu reflektieren, dennoch wird Natur paradoxerweise nur als etwas, das außerhalb von uns existiert, gedacht.

 

Gegen die Empfindung des Abgetrenntseins von der Natur setzt Ursula Helen Neubert in ihrer Malerei eine orgiastische Farbenpracht, der man sich nicht entziehen kann. Förmlich hineingesogen wird man in den farbigen Kosmos, den sie auf grobem Jutegewebe pflanzlicher Herkunft entfaltet. Die Farbe wird hier zur autonomen Kraft und löst sich mehr und mehr von gegenständlichen Bezügen, auch wenn man noch einzelne Blütenformen zu erkennen glaubt. Gibt man sich ganz der explosiven Farbigkeit hin, schwelgt man in einer Atmosphäre der Heiterkeit und des Trostes. Bewusst hat die Malerin die Intensität der Töne auf die Spitze getrieben, erreicht durch individuelles Anmischen von Pigmenten und Eiöltempera eine Wirkung, die ihre Malerei scheinbar von der Wand in den Raum katapultiert. „Es ist ein bisschen wie Kochen, ich muss genau abschmecken, damit der richtige Geschmack herauskommt“, sagt Ursula Helene Neubert und macht damit deutlich, wie wichtig ihr die belebende Wirkung des sinnlichen Erlebnisses ist.